Wie berichtet, ist vor kurzem die vierte Ausgabe der OSI-Zeitung (OZ) erschienen.
Wie schon erwähnt fällt einem sofort das neue Layout ins Auge, das deutlich angenehmer wirkt als das alte. Auch die beiden Lenzen-Karikaturen passen ganz gut zum Titel-Artikel von Florian Schatz.
Ausführlich stellt Florian dar, wie das System Lenzen funktioniert. Man staunt nicht schlecht mit welcher Selbstverständlichkeit das Präsidium bis in die Fachbereiche hineinregiert und dort unter anderem festlegt, welcheR BeweberIn für eine Professur geeignet ist und welcheR nicht. Erschreckend auch das Vorgehen im Akademischen Senat, wo die Gruppe die die Mehrheit stellt im Vorfeld unter sich ausmacht, was entschieden wird, und es dann im AS selbst keine ernsthafte Diskussion mehr gibt, weil die Ergebnisse de facto schon feststehen.
Begründet wird dies mit dem Argument, dass eine klare Top-Down-Führung nötig wäre, um die Uni effizient zu führen. „Eine breite akademische Selbstverwaltung koste zuviel Zeit, Mühe und Geld. Anstatt zu lehren, zu forschen oder zu studieren, würden sich die Beteiligten in endlosen Diskussionen verlieren, nur klare Führungsstrukturen könnten dies verhindern.“ Florian entlarvt diesen vermeintlichen Widerspruch zwischen Demokratie und Effizienz als fiktiv, indem er ausführt, dass die demokratische Entscheidungsfindung die Effizienz überhaupt erst sichert. So wären bei der BA-Einführung Fehler gemacht worden, die heute mit einer Reform behoben werden, jedoch schon damals durch Kritiker diagnostiziert wurden. Nur wurden besagte Kritiker damals eben konsequent ignoriert.
Der Vergleich Lenzens mit dem Sonnenkönig im Titel des Artikels ist hier sehr treffend gewählt. Tatsächlich mutet Lenzens Führungsstil absolutistisch an und ist dabei eben keineswegs so effizient, wie er und seine Getreuen es glauben machen wollen. Alternativ erinnert der Artikel natürlich sehr an den berühmten Vergleich von Dubai Segbers, der in einem Statement Lenzen mit Putin in eine Ecke stellte (siehe Bericht vom Fachbereichsrat PolSoz vom 05.04.06). Tatsächlich hat Lenzens Stil inzwischen etwas von Putins Vision einer „Gelenkten Demokratie“.
Was man schmerzlich in der neuen OZ-Ausgabe vermisst, ist eine intensivere Auseinandersetzung mit der G8-Woche am OSI. Was genau hat das eigentlich gebracht? Was sind die Ergebnisse? Bis heute hat sich niemand der so begeistert Engagierten die Mühe gemacht für die Nachwelt festzuhalten, was dort eigentlich so bahnbrechendes passiert sein soll.
Im Ansatz ist dies im Kommentar von Kathrin Hagemann ja durchaus nachzulesen. Sie führt aus, dass die Studierenden es auch ohne Dozierende geschafft haben diese Woche zu organisieren, dass es in den Medien zur Abwechslung mal nicht um die Exzellenz, sondern eben um die G8-Themenwoche ging. Und was weiter?
Marcel Heberlein demontiert schlüssig den Mythos des OSIs als „linke Kaderschmiede“ der 68er. Dabei verweist er auch auf Peter Grottian, der beim Protest gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm 200 bis 300 OSI-Studierende ausgemacht haben will. Wenn dies von der G8-Themenwoche ausging, wäre es sicherlich ein Erfolg. Die Frage ist nur erstens, ob diese 300 nicht auch ohne vorherige G8-Themenwoche nach Heiligendamm gefahren wären und zweitens, warum sie innerhalb des Protestblocks keine größere Rolle gespielt haben, obwohl sie doch organisatorisch und „ideologisch“ durch die vielen G8-Seminare gut vorbereitet waren. Hat man während der Gipfelproteste in den Medien jemals etwas von OSI-Studierenden in Heiligendamm gehört? Haben die OSI-Studierenden dort eine zentrale Rolle in der Organisation gespielt? Und falls ja, warum liest man in der OZ darüber nichts? Was bleibt ist Frida Thurms kurzer Einblick in den G8-Protestalltag in Heiligendamm, ein Bezug zur G8-Themenwoche am OSI wird aber auch hier nicht hergestellt.
Wenn es überhaupt so etwas wie eine Nachbetrachtung der G8-Themwoche am OSI gibt, dann geht es immer nebulös um angeblich geschaffene „Freiräume“, um organisatorische Großtaten in Form der Ausgestaltung der Themenwoche. Was inhaltlich dabei herumgekommen ist, scheint keinen sonderlich zu interessieren – vielleicht auch weil es einfach nicht so wahnsinnig viel war. Was haben diese Diskussionen zur Globalisierung und zum Klimawandel wirklich gebracht? Welchen Einfluss hatten sie auf den späteren G8-Gipfel als solchen? Und wenn nicht auf den Gipfel, dann vielleicht fürs OSI? Marcel schreibt davon, die G8-Proteste selbst könnten vielleicht auch der Unipolitik neuen Schwung geben, führt anschließend aber sicherlich richtig aus, warum auch das nicht so recht funktionieren wird.
Alina Barenz schneidet mit ihrem Artikel über die mangelnde Transparenz des AStAs in Sachen Haushaltsplan ein wirklich uraltes und hinlänglich bekanntes Thema an. Was aber natürlich legitim ist, da das beschriebene Problem ja bis heute fortbesteht. Außerdem enthält der Artikel ein paar interessante Details, denn trotz der generellen Intransparenz seitens des AStAs fördert die Haushaltsprüfung des Rechnungshofes Berlin zumindest immer wieder einige „Perlen“ zu tage, wie etwa Flüge nach Manila.
Interessant ist auch der Artikel von Julia Stark über die „Umgestaltung“ des Roten Cafés in das „Cafe of Excellence“, eine Tat zu der sich angeblich die „Liberal-karrieristische Gelbe Armee Fraktion“ bekennt. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass diese Umbenennung durch das Plenum des Roten Cafés beschlossen wurde (was offenbar nicht der Fall war), es erschien mir offensichtlich, dass das sarkastisch gemeint ist und sich gegen die Exzellenzinitiative an der FU richtet. Folgt man Julia, ist man sich darüber im Plenum aber nicht so ganz einig. Richtet sich das nun gegen das Café oder gegen die Exzellenzinitaive? Soll man es begrüßen oder ablehnen?
Nicht ganz klar wird, ob Julia sich nicht selbst einen Spaß daraus macht, den Leser etwas an der Nase herumzuführen und von Empörung über die Aktion schreibt, obwohl es solche gar nicht wirklich gab. Also ein Artikel mit Augenzwinkern zu einer Aktion mit Augenzwinkern. Offensichtlich scheint jedenfalls zu sein, dass eine Gruppe die sich ironisch „Liberal-karrieristische Gelbe Armee Fraktion“ nennt, nicht wirklich für mehr Exzellenz ausspricht. Das fällt dann wohl doch eher unter Spaß- bzw. Kommunikationsguerilla. Und nimmt man die Sache im Plenum des Roten Cafés wirklich so bierernst, wie Julia beschreibt, dann hatte die Aktion wohl Erfolg (mal angenommen es ging tatsächlich nicht nur um die Exzellenzinitiative, sondern auch um die „links-reaktionäre Gesinnung“ in der Linken). Vom Schriftzug abgesehen fällt die optische Umgestaltung der Fassade ohnehin nicht so wahnsinnig auf, das Café wirkt genauso versifft wie eh und je.
Wichtig ist der kritische Artikel von Axel Lagergren über den Verein Uni-assist, an dem in Zukunft kaum einE ausländischeR StudienbewerberIn vorbeikommen wird und dessen Methoden zweifelhaft erscheinen. Eher schwach erscheint dagegen der Artikel von Christa Roth über den jungen Nachwuchsdozenten Lars Distelhorst, der sich streckenweise wie ein Aufsatz einer Achtklässlerin liest, die heimlich den Schülersprecher aus der 11. anhimmelt („Und dann stellt man sich vor, wie er wäre, als Revolutionär“).
Interessantes findet sich wie immer auch im Newsticker. Die Professur für Politische Ideengeschichte wird wie befürchtet neu ausgeschrieben, da das Präsidium der FU die Berufung von Hartmut Rosa (Uni Jena) abgelehnt hatte, da er sich zu sehr auf moderne Theorien konzentriere. Hier wäre es interessant gewesen zu erfahren, ob das wirklich der Grund war oder ob Rosa dem Präsidium aus anderen Gründen nicht genehm war (zu kritisch?). Die Professur für Internationale Politische Ökonomie wird dagegen wie geplant ab dem SS 2008 mit Susanne Lütz besetzt (in der OZ fälschlich „Sabine“ Lütz benannt). Bereits ab dem kommenden Wintersemester (WS 07/08) wird Miranda Schreurs (in der OZ fälschlich „Schreuers“ geschrieben) die neue Professorin für Vergleichende Politikanalyse und Umweltpolitik.
Insgesamt ist die vierte Ausgabe wie die vorhergehenden gelungen. Was fehlt sind aktuelle Themen wie der Streit um die angeblich suggestiven Fragen in der studentischen Studierbarkeits-Umfrage. Hier hätte man gut eine Pro- und Kontra-Gegenüberstellung einbauen können. Heiß diskutiert war in diesem Semester natürlich ebenfalls wieder die Exzellenzinitiative und der Protest gegen die Begehungen. Auch das hätte man aufgreifen können, selbst wenn es in diesem Jahr nicht das OSI selbst betroffen hat. Dann natürlich Zöllners Pläne von den 300 Millionen Euro bis zur „Berlin Research University“. Nicht zuletzt erwähnenswert auch der zunehmende Widerstand gegen Lenzen (Stichwort „Fanclub“). Hoffentlich gibt es davon dann etwas in der nächsten Ausgabe.
Nachdem die an der G8-Themenwoche beteiligten OSIaner so eine Riesenwelle wegen dieses Projekts geschoben hatten und die Woche was das OSI angeht DAS „Event“ in diesem Semester war, hatte ich eigentlich erwartet, hier mehr Analysen zu lesen. Nachbetrachtungen, die die Nachhaltigkeit der „Konferenz“ untermauern. Aber vielleicht kommt so etwas ja irgendwann noch mal an anderer Stelle.