Wie kürzlich schon berichtet, hat die OZ-Redaktion kurz vor dem Ende der Vorlesungszeit die dritte Ausgabe der OSI Zeitung rausgebracht. Zeit, sie sich mal genauer anzusehen.
Erstmals enthielt die OSI-Zeitung Werbung, wenn auch „nur“ vom OSI-Club. Die Redaktion begründet dies auf der Eingangseite finanziell und politisch. Vom AStA will man sich nicht abhängig machen und der Institutsrat allein kann die OZ offenbar nicht tragen, also braucht es eine „Mischfinanzierung“, die eben auch Werbeeinnahmen enthält. Zukünftig können dafür neben dem OSI-Club auch „kleinere Läden in der Umgebung“ in Frage kommen. Natürlich ist Werbung immer nervig, solange sie allerdings nicht die unabhängige Berichterstattung beeinflusst, muss man sie wohl als notwendiges Übel tolerieren.
Ein weiteres Novum in dieser Ausgabe ist die Veröffentlichung von drei Leserbriefen, die sich allerdings alle auf Gerrit Horraks Artikel „Angst und Arroganz“ beziehen (FUwatch berichtete). Dass der Artikel stark polarisieren würde, war absehbar, doch gerade dadurch hatte er maßgeblichen Anteil am „Quantensprung“ den die OZ von Ausgabe 1 zu Ausgabe 2 vollzogen hat. Er räumte mit dem Eindruck auf, die OZ sei im Tonfall oft zu lasch.
Besonders interessant ist hier der Leserbrief von Vera, da Gerrit das Problem der Intoleranz innerhalb „der Linken“ ja am Beispiel von zwei FSIlern verdeutlicht und Vera ebenfalls der FSI OSI angehört. Vera führt zunächst an, dass das beschriebene Phänomen ein Psychologisches sei, dass eben nicht nur die „Berliner Linke“ betreffen würde. „In innerlich homogenen Gruppen verliert die politische Gesinnung an Distinktionswert, wird sie nicht in Richtung der Ränder verschoben. Deshalb tendieren Gruppen mit geringer Meinungsvielfalt ins Extreme.“ Nicht geklärt werden könne, was nun zu erst da war, „innere Homogenität“ oder „Intoleranz nach Außen“.
Unklar bleibt, warum nicht mehr dafür getan wird, dieser „inneren Homogenität“ entgegenzutreten. Selbst wenn es sich um psychologisch bedingte Mechanismen handelt, bedeutet dies ja nicht, dass man sie nicht überwinden kann. In dem Moment, in dem ich einen Zusammenhang zwischen „innerlicher Homogenität“ und „Intoleranz nach Außen“ anerkenne, müsste ich doch eigentlich etwas dafür tun, diese „innerliche Homogenität“ aufzubrechen. Genau das passiert bei der FSI OSI aber eben nicht, im Gegenteil wird die „innerliche Homogenität“ ja mit Inbrunst gepflegt.
Vera macht Gerrit zum Vorwurf, er habe seinen persönlichen Groll gegen „Anna“ und „Arthur“ zum Ausdruck gebracht, anstatt den Dialog mit ihnen zu suchen. Doch gerade dass mit „Anna“ und „Arthur“ aufgrund ihrer Engstirnigkeit eben kein Dialog möglich ist, versucht Gerrit doch in dem Artikel zu verdeutlichen. Anhand ihres Beispiels versucht Gerrit eine Entwicklung aufzuzeigen, die seiner Meinung nach (und nicht nur seiner) symptomatisch für „die Linke“ oder zumindest einen Teil der Linken am OSI steht. Hier ist Michael Teumer im zweiten Leserbrief recht zu geben, der darauf verweist, dass von „der Linken“ zu schreiben zu sehr generalisiert.
Absurd ist der Hinweis von Vera, Gerrits Totalitarismus-Vorwurf sei überzogen, da es sich „um ein sommerliches Gespräch auf einer Wiese vor dem OSI“ handele. So als ob man sich auf einer Wiese vor dem OSI per se nicht totalitär gerieren könnte. Weiterhin steht das eine Gespräch ja nur beispielhaft für eine ganz grundsätzliche Entwicklung. Selbst wenn Gerrits Totalitarismus-Vorwurf überzogen war, müsste man anders ansetzen, um dies zu verdeutlichen.
Doch zurück zu den aktuellen Artikeln. Am interessantesten ist hier sicherlich Marcel Heberleins Bericht der kontroversen Diskussion am Institut über Grottians und Narrs fragwürdige Formulierung in der taz (der Bachelor als „Vorstufe der Banalität des Bösen“). Der ursprüngliche Plan, ein Streitgespräch zum Bachelor zwischen Sabine von Oppeln und Peter Grottian zu bringen schlug fehl, da sich weder von Oppeln noch sonst ein Dozierender dazu bereit erklären wollte, diese Diskussion mit Grottian zu führen. Deutliche Worte findet Prof. Tanja Börzel, die sich als Mitwirkende an der Ausarbeitung des Polwiss.-Bachelors durch Grottians und Narrs Formulierung in die Nähe von Eichmann gerückt sieht und die die Wortwahl zudem als Verharmlosung des Holocaust geiselt.
Narr und Grottian denken beide nicht daran, etwas zurückzunehmen, letzter äußert sich gegenüber der OZ mit den Worten: „Wenn Euch Studierenden die Möglichkeit verweigert wird, ein vernünftiges Studium zu absolvieren und mit 1,8 oder 2,1 einen Master zu machen, dann ist das eine Vorstufe der Banalität des Bösen. Da hab ich nichts von zurückzunehmen.“ Diese These ist und bleibt bizarr. Wie kommt man von einem Schmalspurstudium zur Banalität des Bösen? Spätestens wenn man das konkretisieren würde, also versucht den Weg nachzuzeichnen, der von der Vorstufe (Bachelor) zur Banalität des Bösen führt, würde deutlich werden, wie konstruiert und unhaltbar das ist (darauf weist auch Börzel hin). Grottian und Narr haben es den Befürwortern des Bachelors damit unnötig leicht gemacht, sich der Diskussion entziehen zu können.
Marcel macht in dem Artikel aber auch deutlich, wie der Vorfall am OSI instrumentalisiert wird, einen schon lange schwelenden Grabenkampf zwischen rivalisierenden Gruppen weiter anzuheizen. So wurde ein Antrag im Institutsrat ein Abschiedssymposium für den ausscheidenden Grottian zu finanzieren, unter anderem auch mit inhaltlichen Bedenken abgelehnt. Thomas Risse erklärte, er stimme inhaltlich dagegen, weil Narr und Grottian sich „außerhalb der Diskussionskultur des OSIs gestellt haben“. Soweit sind wir also schon, dass ausgerechnet jemand wie Risse glaubt festhalten zu können, wann sich jemand außerhalb der Diskussionskultur des OSIs befindet.
Dass das Thema „Bachelor“ / „Master“ immer noch ein sehr zentrales ist, beweist auch ein weiterer Artikel von Till Rüster und Stefan Hernádi. Hier geht es um die Frage, wie viele der Bachelor-AbsolventInnen am OSI nach ihrem Abschluss noch einen Master draufsatteln wollen und wie viele von denen es dann auch dürfen. Basierend auf den Ergebnissen der Bachelor-Umfrage, kommen die Autoren zu der Schätzung, dass etwa jedeR zweite BA-AbsolventIn mit dem Master weiter machen möchte.
Für besonderen Unmut sorgt weiter die mögliche, künstliche Verknappung der Master-Plätze (FUwatch berichtete). Laut Institutsleiter Peter Massing müssen die Studierenden „gewisse Kriterien erfüllen“. Ausschlaggebend sind die Schwerpunktsetzung und die Praktikumerfahrung, aber eben besonders auch die BA-Note. Im Warnstreik 2005 wurde von Kritikern prognostiziert, dass nur 30% der BA-Studierenden in den MA-Studiengang aufgenommen werden. Davon sollen dann die Hälfte jedoch von außerhalb kommen. Von den BA-AbsolventInnen am OSI bekämen dieser Schätzung zu folge dann also nur gut 15% einen Masterzugang. Auf Basis der Ergebnisse der BA-Umfrage kann man heute davon ausgehen, dass auf einen MA-Platz allein vom OSI mindestens zwei BewerberInnen kommen werden.
In einem Kommentar bringt Stefan Hernádi es gut auf den Punkt, wenn er schreibt: „Bezeichnend ist an dieser Stelle doch die Aussage, dass eine Auswahl unter den Bachelorstudierenden mehr ist als eine finanzielle Notwendigkeit. Nein, der ganze Selektionsmechanismus ist politisch gewollt. In der Sprache der UnterstützerInnen heißt das dann Profilbildung, in Wahrheit ist es aber eine Elitenbildung.“
Frida Thurm porträtiert in ihrem Artikel die Gast-Professorin Tanja Brühl und hat dabei nach eigenen Angaben so ihre Mühe, auch kritisch zu sein, da ihr Brühl so sympathisch ist. Allerdings stellt sie dann doch auch „Schattenseiten“ dar, etwa Prof. Brühls uneingeschränkte Bejahung von Teilnahmebeschränkungen. Katharina Berndt schreibt über die Geschichte des „Roten Cafés“, hat den Artikel im Vergleich zur ursprünglichen Fassung (die es mal im ersten Diskussionsforum der OZ-Redaktion zu lesen gab) allerdings leider ent- und nicht verschärft (dass das Café auf viele KommilitonInnen auch abschreckend wirkt (und wieso), wird nicht nachdrücklich genug herausgestellt).
In einem längeren Artikel beschreibt Julia Stark das Leben von behinderten Studierenden am OSI. Der Artikel ist vermutlich der informativste in der ganzen Ausgabe, da er Fakten vermittelt, die sicherlich nur den wenigsten bekannt sind (während Themen wie z.B. der „Bachelor“ viel breiter diskutiert werden, es hier also mehr Vorkenntnisse zum Sachverhalt gibt).
Auf der OSI-News Seite erfährt man den neusten Stand in Sachen Berufung von neuen Professuren. Susanne Lütz von der Fernuni Hagen könnte schon bald die Nachfolge von Prof. Altvater auf dem Lehrstuhl für „Internationale Politische Ökonomie“ antreten, nachdem der neue Berliner Bildungssenator im Gegensatz zum alten keine Vorbehalte gegen Lütz hat. Miranda Schreurs hat sich noch nicht entschieden, ob sie ihre Stelle als Professorin für „Umweltpolitik und Vergleichende Politikanalyse“ antreten möchte oder nicht. Sagt sie ab, könnte die Stelle neu ausgeschrieben werden. Definitiv abgesagt hat dagegegen Eberhard Kienle, der die Nachfolge von Prof. Büttner für den Lehrstuhl „Vorderer Orient“ antreten sollte. Dadurch rückt Cilja Harders von der Ruhr-Universität-Bochum nach und könnte schon bald am OSI lehren.
Natürlich hat man bei dieser dritten Ausgabe ein bisschen das Gefühl, die Redaktion hat alles hineingesteckt, was in der zweiten Ausgabe keinen Platz mehr hatte, aber trotzdem noch in dieses Semester gehört. Eine B-Seite sozusagen. Was aber keineswegs bedeutet, dass die Artikel von minderer Qualität wären. Im Gegenteil, der positive Eindruck der zweiten Ausgabe schreibt sich hier fort. Und einige Themen die man in der zweiten Ausgabe vermisst hat, findet man in der dritten wieder. Die vierte Ausgabe wird dann vermutlich den „Minigipfel“ am OSI zum Schwerpunkt haben, denkbar wäre sicherlich auch eine Sonderausgabe zum Thema.