Out of Dahlem Nr. 6

Die sechste Ausgabe des vom AStA herausgebene Out of Dahlem (OoD) behandelt unter anderem das Scheitern der FU bei der Exzellenzinitiative. Autorin Amelie Kostar betont die soziale Selektion die das neue „Zwei-Klassen-System“ weiter verstärken wird und weist auf die Ausrichtung der Initiative auf die Forschung unter Vernachlässigung der Lehre hin. Die Umstrukturierungen würden dazu führen, dass „die ohnehin bereits vorhandene starke Ausrichtung auf ökonomische Vewertbarkeit von Wissenschaft noch einmal zunehmen“ wird. Wenn die FU nun bei der Exzellenzinitiative gescheitert ist, sollte das nur Studierende enttäuschen, „die einen passenden sozialen Hintergrund und viel Geld sowie einen unkritischen Wissenschaftsanspruch aufweisen können, die jetzige und zukünftige Elite“. Insgesamt ein informativer Artikel, der jenen die die Debatte verfolgen allerdings nur wenig Neues bringt.

Angenehm liest sich die Glosse von Tibi Kumrovic „über den Fall Lenzen“, der damit auch eine kleine Chronik über Lenzens Wirken an der FU liefert und verdeutlicht, wo dieser politisch einzuordnen ist. Auch der Artikel von Pingu Brodowski und Björn Grau über „unsere kleine Fabrik“ (gemeint ist natürlich die FU) könnte man schon als Glosse bezeichnen. Die beiden Autoren rechnen mit der „unternehmerischsten Hochschule Deutschlands“ (für diesen Titel feierte sich die FU) ab und verdeutlichen dabei, dass die FU heutzutage nicht nur innen wie eine Fabrik funktioniert, sondern auch zunehmend von außen so aussieht. Abgedruckt wurde ebenfalls ein taz-Artikel des Kommilitonen Martin Kaul über die „Bibliotheks-Fusionswelle“ an der FU (FUwatch berichtete).

Mehrfach Erwähnung fand bei FUwatch auch schon der Artikel von David Gutzmann, der sich mit den ausufernden Kontrollmechanismen an der FU beschäftigt und das fragwürdige Verhältnis der Leitung zum Datenschutz dokumentiert.

Was es bedeutet, wenn es richtige Probleme mit dem Datenschutz gibt, zeigt Tanja Stein in ihrem Artikel über StudiVZ (bei FUwatch siehe hier). Der Artikel fällt angenehm auf, da sich der AStA in der Vergangenheit etwas schwer mit dem Thema getan hatte. Erst knapp eine Woche nachdem der RefRat der HU vor StudiVZ gewarnt hatte, reagierte der AStA FU mit einer ähnlichen Erklärung, die aber die inhaltliche Tiefe der RefRat-Erklärung vermissen ließ. Auf dem AStA-Blog feierte man sich dann selbst, weil die Presseerklärung des AStAs natürlich auch auf Reaktionen in der Presse stieß. Es schien jedoch nicht so, dass sich der AStA näher mit dem Thema beschäftigte, viel mehr erschien er in diesem Thema wie ein „Trittbrettfahrer“. Diese Defizite konnte Tanja Stein nun mit einem detaillierten Artikel beseitigen, der die zentralen Akteure in der Blogosphäre nennt, die für das Aufdecken der Skandalserie verantwortlichen waren (Don Alphonso und Jörg-Olaf Schäfers) und der den Ablauf der Geschehnisse inklusive der Rolle Ehssan Darianis ausführlich darstellt.

Eher negativ fallen die Artikel von Annika Segelken und „Lieschen Müller“ auf. Lieschens Artikel ist ein Kampfaufruf und als solcher natürlich nicht frei von Pathos. Unter dem Titel „Wer nicht kämpft verliert!“ wird die Notwendigkeit zum Widerstand gegen die Einführung der Studiengebühren betont. Was dabei nervt ist die Verklärung der Protestbewegung sowohl in der Gegenwart (NRW, Hessen, etc.) als auch in der Vergangenheit (Berlin 2003 / 2004). Ich bin nach wie vor skeptisch, ob allein die Notwendigkeit einen breiten Protest organisieren zu müssen legitimiert, das bisher Erreichte und Versuchte schönzureden (wer kann denn jetzt noch ernsthaft bestreiten, dass die Studiengebührenboykott-Aktionen in den westdeutschen Bundesländern kurz vor dem Verrecken stehen?).

Annika Segelken beschäftigt sich in ihrem Artikel mit der in der Tat fragwürdigen Werbepraxis in der Silber- und Rostlaube, während zeitgleich studentische Flyer und Plakate gnadenlos abgehängt werden. Das Problem des Artikels ist, dass er faktisch allein auf Vermutungen und einer Ansammlung von rein subjektiven Eindrücken aufbaut. Jetzt mal im Ernst, was sollen denn Sätze wie „Trotzdem, ich kann ja nix beweisen, aber mir scheint, dass Sachen, die irgendwie politisch sind, sehr schnell wieder verschwinden“? Oder diese Passage mit der Bekannten einer Bekannten einer Bekannten die in der Mensa mal auf eine Kakerlake gebissen haben will? Auch wenn das thematisierte Problem des Artikels nicht von der Hand zu weisen ist, Formulierungen und Aufbau killen ihn einfach.

Deutlich besser und interessanter sind da die beiden Artikel von Hannes Strobel. Im ersten beschreibt er ausführlich die „Neue Marx-Lektüre-Bewegung“ an der FU und stellt dabei auch ein paar neuere Bücher zum Thema vor, auf die man sicherlich mal einen Blick werfen sollte (so man es noch nicht getan hat). In einer ausführlicheren Renzension beschäftigt sich Hannes dann im zweiten Artikel mit dem neuen Buch von Elmar Altvater, „Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen. Eine radikale Kapitalismuskritik“. Die Rezension ist stringent aufgebaut, Altvaters zentrale Thesen werden erläutert und obwohl Hannes das Buch empfiehlt verfällt er nicht in Lobhudelei, sondern benennt auch deutlich die zentrale Schwäche in Altvaters Ansatz.

Man persönlicher Favorit in dieser Ausgabe ist allerdings der Artikel von Daniél Kretschmar über Jürgen Zöllner, der ursprünglich in der „HUch!“ erschienen ist. Dies mag natürlich darauf zurückzuführen sein, dass ich mich vorher nie näher mit Zöllners Vita und seinen politischen Ansätzen beschäftigt habe, vermutlich geht das aber nicht nur mir so. Daniél führt aus, warum Zöllners Studienkontenmodell heute „humaner“ erscheint als früher und was der Einführung von Studienkonten in Berlin noch im Wege steht, was sie begünstigen könnte. Auch Zöllners Reputation in der „Fachwelt“ findet Erwähnung und wie gut oder schlecht seine Chancen stehen sich in Berlin „bewähren“ zu können. Insgesamt ein sehr solides Profiling.

Unterm Strich ist die Ausgabe 6 des OoD einen Blick wert (auch wenn sich nun schon langsam die nächste ankündigt). Auch die OZ-Redakteure können sich sicherlich hinsichtlich des Layouts und der Breite und Tiefe der Artikel noch etwas von Out of Dahlem abgucken.

Eine Antwort to “Out of Dahlem Nr. 6”

  1. Out of Dahlem Nr. 7 « FUwatch Says:

    […] die aktuelle, siebente Ausgabe der Out Of Dahlem (OoD) Zeit gelassen (die sechste Ausgabe erschien Anfang 2007). Eine viel zu lange Zeit bedenkt man, dass es sich um die Hauptpublikation des AStA handelt, die […]

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