Archive for the ‘StudiVZ’ Category

Aktionstag goes Social Networking

Januar 25, 2008

Inzwischen wird der Aktionstag am kommenden Donnerstag (31.01.08) überall auf dem Campus mit Flyern stark beworben. Zumindest in dieser Hinsicht sieht es so aus, als könnte die Sache ein Erfolg werden (es sieht jedenfalls besser aus, als bei der eher sparsamen und verhältnismäßig kurzfristigen Bewerbung der G8-Themenwoche im letzten Semester).

Und da ich zur Zeit ohnehin Social Network Plattformen teste, habe ich den Aufruf zum Aktionstag hier virtuell massiv verbreitet. Zumindest bei beliebten sozialen Netzwerken wie StudiVZ macht dies durchaus Sinn, weil sich hier besonders jüngere KommilitonInnen fast täglich aufhalten und über diesen virtuellen Kanal unter Umständen leichter erreicht werden können, als real über Flyer.

Falls möglich habe ich immer versucht den Aktionstag als „Event“ in das jeweilige Netzwerk einzustellen. Sofern vorhanden natürlich am besten immer im Bereich „FU Berlin“. Bei einigen Plattformen gibt es keine Event-Funktion, hier habe ich dann eine Gruppe gegründet oder einen Diskussionsbeitrag ins Board gestellt.

Leider muss man bei vielen der unten genannten Websites erst einmal Mitglied sein (eingeloggt sein), damit der Link funktioniert.

Campux
Campux.com ist eine weitere Social Network Alternative zu StudiVZ, der Dienst hat sich auf länderübergreifende Studienerfahrungen spezialisiert und versucht mit seinem Angebot besonders die – vermeintliche oder tatsächliche – Internationalität und Mobilität der modernen Studierendenschaft zu fokussieren. Für den Aktionstag habe ich hier eine eigene Gruppe eingerichtet und im Netzwerk „FU Berlin“ auch den Aufruf als Diskussionsbeitrag eingestellt.

Care2
Care2.com ist ein links-alternatives Social Network das sich besonders an die neue Bürgerrechts- und Ökologie-Bewegung in den USA richtet. Auch hier ist der Aktionstag nun mit einer eigenen Gruppe präsent.

Facebook
Facebook ist das zur Zeit am schnellsten wachsende und beliebteste Social Network im englischsprachigen Raum. Ursprünglich als reines Studierenden- und Alumni-Netzwerk gegründet ist es heute ein breiter angelegtes Social Network, das früher oder später MySpace als DAS Social Network schlecht hin ablösen wird. Ich habe hier einen Event zum Aktionstag kreiert, den Aufruf aber auch in der FU Berlin- und der OSI-Gruppe platziert.

Kaioo
Als gemeinnütziges Non-Profit-Unternehmen versteht sich Kaioo als Gegenentwurf zu rein kommerziellen Anbietern wie StudiVZ (ausführlich siehe „Kaioo als Alternative zu StudiVZ?“). Auch hier habe ich eine Group extra für den Aktionstag gegründet und den Aufruf auch in bereits bestehenden Gruppen gepostet.

Lokalisten
Lokalisten.de ist ein allgemeines Social Network das sich besonders auf die regionale Vernetzung seiner Nutzer konzentriert, es geht hier also besonders um die reale, geographische Nähe in der die Mitglieder zueinander leben. Das von mir eingestellte Event wurde allerdings inzwischen schon wieder gelöscht, da grundsätzlich keine Events beworben werden dürfen, die etwas mit „Sex, Gewalt oder Politik“ zu tun haben. Beeindruckend wie selbstverständlich hier „Politik“ in diese Reihe aufgenommen wird…

MySpace
MySpace.com ist sozusagen die „Mutter aller Social Networks“ (im Kontext von Web 2.0), bei dem es ursprünglich hauptsächlich um Musik und Bands ging. Diesen Schwerpunkt hat MySpace auch heute noch, es ist aber natürlich längst ein viel allgemeineres Social Network geworden. Auch hier habe ich für den Aktionstag ein Event reingestellt.

StudiVZ
StudiVZ ist inzwischen so etwas wie der „Bad Boy“ unter den deutschsprachigen Social Networks. Doch trotz Skandalen und Negativ-Schlagzeilen ist es unter Studierenden im deutschsprachigen Raum nach wie vor die mit Abstand beliebteste Plattform zur Kommunikation und Vernetzung. Events kann man keine generieren, ich habe daher für den Aktionstag eine Group eingerichtet und den Aufruf dann auch noch in die Diskussionsboards von diversen anderen Groups eingestellt.

Xing
Xing.com (sprich: Crossing), ehemals OpenBC, ist das in Deutschland (und inzwischen vermutlich auch in Kontinentaleuropa) am stärksten frequentierte Karrierenetzwerk. Eine eigene Gruppe kann man hier ohne Premium-Mitgliedschaft nicht einrichten, ich habe den Auruf daher in das Diskussionsboard „Familien- und Bildungspolitik“ der Gruppe „Politik“ gepostet. Ob es sich da hält ohne gelöscht zu werden wird sich noch zeigen, denn eigentlich wird dort nur Schulpolitik, nicht aber Hochschulpolitik diskutiert. Zudem ist „Werbung“ untersagt, wobei unklar ist, ob sich das auf rein kommerzielle Werbung beschränkt oder auch „Werbung“ für eine politische Veranstaltung meint.

Ich bin nach wie vor skeptisch, was den Erfolg dieses Aktionstages angeht; was dabei wirklich rumkommen soll. Allerdings ist er ja nun mal beschlossen und die Missstände gegen die er sich richtet sind vorhanden. Von daher erscheint es mir richtig, die Mobilisierung weiter voran zu treiben und zu versuchen für diesen Aktionstag auch über virtuelle Kanäle Aufmerksamkeit zu erzeugen. Man sollte der Idee eines solchen Aktionstages zumindest eine Chance geben.

Kaioo als Alternative zu StudiVZ?

Januar 23, 2008

Wie die WELT (die massiv versucht das inzwischen zu Holtzbrinck gehörende StudiVZ an die Wand zu schreiben, nachdem der Axel Springer Verlag beim Verkauf von StudiVZ im Januar 2007 nicht zum Zuge gekommen ist, obgleich er ja angeblich auch Unsummen geboten haben soll) berichtet, sollen sich bei StudiVz inzwischen 20.000 Mitglieder wegen der AGB-Politik des Portals in einer Protestgruppen zusammengeschlossen haben.

Weitere „Hunderte“ hätten Beschwerde-Emails versendet und ein Prozent aller Nutzer sei gleich ganz ausgetreten. Das wesentlich größere Problem für Holtzbrinck sei indes, dass die verbliebenen Nutzer zunehmend falsche Angaben machten, ihre Daten somit unbrauchbar würden („Genervte Mitglieder sabotieren StudiVZ“, Die WELT, 19.01.08).

Widerstandsformen gegen StudiVZ nur bedingt tauglich

Doch die Möglichkeiten die eigenen Daten zu anonymisieren erreichen schnell ihre Grenze, denn um das soziale Netzwerk sinnvoll nutzen zu können, muss man zumindest über den eigenen Real-Namen für Bekannte und KommiltonInnen auffindbar sein. Auch wenn man den Kontakt zu Personen sucht, die an derselben Uni wie man selbst ist, die vielleicht dieselben Interessen haben, usw., dürfen diese Personen bei der Angabe dieser Informationen nicht „gelogen“ haben, sonst funktioniert die Netzwerk-Idee eben nicht. Der Ansatz StudiVZ in die Knie zu zwingen, indem man nur noch mit einem Fake-Profil zugegen ist, taugt also nur sehr bedingt.

Entsprechend gelassen sehen die Verantwortlichen bei StudiVZ angeblichen den momentanen Protest. „Der Trend zur Namensfälschung ist rückläufig“ ließ StudiVZ-Chef Marcus Riecke gegenüber der WELT verlautbaren („Genervte Mitglieder sabotieren StudiVZ“, Die WELT, 19.01.08).

Und in der taz kann man lesen: „Die Proteste der vergangenen Wochen haben das Investment kaum in Gefahr gebracht. Tatsächlich habe man an ein paar Tagen mehr Austritte gezählt als sonst, sagt Dirk Hensen. Dass sich 1 Prozent der Mitglieder abgemeldet habe, fiele kaum ins Gewicht. ‚Wir wachsen jeden Tag fünfstellig, das gleicht den Verlust um ein Vielfaches aus'“ („StudiVZ-Mitglieder kuschen: Studenten heiß auf Werbung im Netz“, taz, 15.01.08).

Die Situation lässt sich also mit einem „Was interessiert es den Baum, wenn die Sau sich an ihm reibt / der Hund ihn anpinkelt“ zusammenfassen. StudiVZ ist auf dem deutschsprachigen Markt als soziales Netzwerk für Studierende inzwischen so dominant, dass es sich die paar „Rebellen“, die dann wirklich ernst machen mit einem Ausstieg oder dem Verfälschen ihres Profils, leisten kann.

Facebook hat dieselben Probleme

Die Luft wird für StudiVZ wenn überhaupt erst dünner, wenn Facebook wie geplant im kommenden Frühling in den deutschen Markt einsteigt (einen deutschen Ableger seines Portals bereitstellt). Denn verglichen mit Facebook (Markwert angeblich zwischen 15 und 20 Milliarden USD) ist StudiVZ nach wie vor nur ein Mickey-Maus-Club.

Die Frage ist nur, ob Facebook dann wirklich eine brauchbare Alternativ zu StudiVZ darstellen wird. Da die AGB- / Datenschutz-Problematik dort dieselbe ist (zuletzt siehe „Offene Fragen zum Datenschutz bei Facebook und StudiVZ“, heise newsticker, 21.01.08), muss man darauf wohl eher mit „Nein“ antworten.

Kaioo als „echtes“, gemeinnütziges soziales Netzwerk

Kaioo.com ist eine Alternative zu MySpace, Facebook, StudiVZ und Co., die für sich in Anspruch nimmt, ein „echtes“ soziales Netzwerk zu sein. Damit ist gemeint, dass „sozial“ hier nicht nur auf die Verbindung der Mitglieder untereinander verweist, sondern dass das gesamte Netzwerk einem „sozialen Zweck“ dient.

Denn Kaioo ist ein gemeinnütziges Non-Profit-Unternehmen, alle Einnahmen werden – sofern sie nicht dem Selbsterhalt des Portals dienen – an wohltätige Projekt gespendet. Der Clou dabei: Die Nutzer können einmal im Jahr darüber abstimmen, welchen Projekten genau die finanziellen Mittel zukommen sollen („Spendengenerator Kaioo: Flirten für den guten Zweck“, Spiegel Online, 17.11.07).

Der angenehme Nebeneffekt soll dabei sein, dass Kaioo angeblich per se kein Interesse daran hat, Nutzerdaten zu verwerten:

„3) Warum kann sich der Nutzer sicher sein, dass kaioo Daten nicht an Dritte weitergibt?

Herkömmliche Social Communities müssen Ihren Gewinn maximieren, um für Ihre Investoren/Eigentümer eine möglichst hohe Rendite zu erzielen. Die Verwertung von Nutzerdaten liegt also auf der Hand. Dagegen muss kaioo als gemeinnützige Organisation seine Gewinne nicht maximieren, so dass kein Interessenkonflikt zwischen Gesellschaftszweck und Datenschutz besteht.“ (Fragen und Antworten zu kaioo, Kaioo.com)

Konfliktlinien wie sie bei herkömmlichen Soical Networks zwischen Betreibern und Nutzer entstehen, weil der Betreiber Nutzerdaten an Dritte weitergeben möchte bzw. sie analysieren möchte um dann personalisierte Werbung einblenden zu können, soll es hier also nicht mehr geben.

Das Problem: Hinter Kaioo stehen Bertelsmänner

Mal abgesehen davon, dass es auch bei Kaioo ein paar Unstimmigkeiten in den AGBs gibt und das Portal technisch noch nicht ganz ausgereift ist, konzentriert sich die Kritik im Netz zur Zeit vor allem darauf, dass Kaioo von zwei Bertelsmann-Vertretern (einem Aktiven und einem Ehemaligen) gegründet wurde und betrieben wird.

Rolf Schmidt-Holtz ist zur Zeit Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Music Group (BMG). Er hat Kaioo zu 100% aus seinem Privatvermögen finanziert, und leitet das Portal zusammen mit Thomas Kreye, der ursprünglich von Schmidt-Holtz zu Bertelsmann geholt wurde, heute aber hauptamtlich für Kaioo arbeitet, während Schmidt-Holtz nach wie vor seine Position bei BMG wahrnimmt (Wikipedia).

„Idee und Umsetzung stammen vom ehemaligen Leiter Business Development von Bertelsmann, Thomas Kreye, der Anfang des Jahres beim Gütersloher Medienkonzern für seinen ‚Traum von einer wirklich sozialen, demokratischen und völlig unabhängigen Gemeinschaft im Internet‘ gekündigt hatte.“ („Spendengenerator Kaioo: Flirten für den guten Zweck“, Spiegel Online, 17.11.07)

Beide, Schmidt-Holtz und Kreye, sind zu je 50% geschäftsführende Gesellschafter (Wikipedia). Schmidt-Holtz betont, dass sein Interesse für Kaioo rein privater Natur ist und es keine Verbindungen zu BMG gibt:

„Die Anlauffinanzierung und operative Kosten des Projekts in Höhe von rund einer halben Million Euro werden für mindestens ein Jahr komplett vom Vorstandschef des Musikriesen Sony BMG, Rolf Schmidt-Holtz übernommen, der sich jedoch rein privat für das Projekt engagiert. Schmidt-Holtz betont, dass es keinerlei Verbindung zu dem von ihm geleiteten Plattenriesen gibt.“ („Spendengenerator Kaioo: Flirten für den guten Zweck“, Spiegel Online, 17.11.07)

Kann man den beiden also abnehmen, dass es bei Kaioo wirklich nur um ein gemeinnütziges Projekt geht? Ohne Hintergedanken, ohne die Daten am Ende nicht doch zur Weiterverarbeitung für einen der zahlreichen Bertelsmann-Zweige ausschlachten zu wollen?

Kaioo und Bertelsmann

Anders als StudiVZ richtet sich Kaioo nicht explizit nur an Studierende, es sind aber zur Zeit wohl schon hauptsächlich Studis die von StudiVZ nach Kaioo abwandern und dort heimisch werden.

Studierende, besonders jene die links-alternativ sind, haben aber seit jeher ein ausgesprochen angespanntes Verhältnis zu Bertelsmann. Ursächlich für diese studentische Antipathie ist neben anderen Faktoren hauptsächlich das Selbstverständis der Bertelsmann Stiftung in diesem Land festlegen zu wollen, wo es in der Bildungspolitik hingehen soll (Stichwort CHE). Und der Bertelsmann/CHE-Weg ist sicherlich nicht der Weg der linken Studierendenschaft. Folglich missfällt einigen kritischen BeobachterInnen die Verbindung zwischen Bertelsmann und den Gründern von Kaioo.

Der ausführlichste Artikel zu diesem Thema wurde vom AStA der Uni Wuppertal veröffentlicht, dort kann man lesen:

„Kaioo könnte besonders interessant für die dritte große Institution der Bertelsmann-Stiftung sein: das Centrum für angewandte Politikforschung mit Sitz in München, dass als Think-Tank umfangreiche Meinungsumfragen durchführt und diese in Strategiepapieren mit dem Credo der Stiftung, sprich mit marktradikalen Ansätzen, zu verbinden versucht.

Letztendlich operiert das CAP stets mit den Formulierungen, die auf den geringsten öffentlichen Widerstand stoßen. Kaioo erklärt in der Datenschutzerklärung, ‚das Verhalten seiner Nutzer analysieren‘ zu wollen. In den ABGs behält sich kaioo.com vor, die Datenschutzbestimmungen ebenso wie die AGBs jederzeit erneuern zu können (StudiVZ, ich hör dir trapsen…)“ („Vom StasiVZ in die Bertelsmann-Datenbank?“, AStA Uni-Wuppertal, 16.01.08)

Die Hauptkritik fusst allerdings auf der hypothetischen Möglichkeit, dass Kaioo die angesammelten Daten vielleicht doch weiterverarbeiten möchte:

„Starke Kopfschmerzen sollte man spätestens mit Blick auf eine weitere Bertelsmann-Tochter bekommen: die arvato AG. Öffentlich wenig bekannt, da nicht für Privatpersonen tätig, versteht sie sich selbst als Service und Logistikdienstleisterin, die weltweit für Regierungen, Parteien und GroßunternehmerInnen tätig ist. In ihrer Selbstdarstellung wirbt sie Unternehmen mit der ’systematischen Gewinnung und Nutzung qualifizierter Adressen‘. Auf deutsch: arvato verfügt über die größte kommerziell nutzbare Adressdatenbank Europas und ist gleichzeitig deren größte Lieferantin.

Wer sich bei kaioo.com registriert, muss ‚zwingende Angaben‘ machen gemacht werden zu ‚Vorname und Nachname, Geschlecht, Geburtstag, Land, Regionalnetzwerk (Bundesstaat/Provinz/Region), Sprache, Berufsstatus, Stadt, Email-Adresse‘. Und wer Eins und Eins zusammenzählt, kann sich denken, was mit den persönlichen Daten passiert.“ („Vom StasiVZ in die Bertelsmann-Datenbank?“, AStA Uni-Wuppertal, 16.01.08)

Das Problem dieses Artikels ist natürlich, dass er rein konjuktivistisch geschrieben ist. Denn Beweise oder Indizien für einen Missbrauch der Daten durch Kaioo gibt es natürlich keine, es geht hier allein um die potentielle Möglichkeit eines Missbrauchs. Ungefiltert wird die Kritik am Bertelsmann Konzern 1:1 auf das neue Kaioo-Portal projiziert.

Die Aussage von Kreye und Schmidt-Holtz, dass Kaioo nichts mit Bertelsmann zu tun hat, erscheint dem / der AutorIn offenbar so absurd, dass sie nicht einmal als vielleicht doch wahr in Erwägung gezogen wird. Allein: Es gibt zur Zeit nichts, was konkret darauf hindeutet, dass Kreye und Schmidt-Holtz doch irgendwelche weiterführende Ambitionen mit Kaioo haben. Ausführungen darüber, was Bertelsmann unter Umständen alles aus so einem Portal ziehen könnte, bleiben folglich rein spekulativ.

AGBs und Datenschutz

Einzig denkbarer Ansatzpunkt für Indizien die dagegen sprechen, dass die Betreiber „gute Absichten“ haben, wären zur Zeit die AGBs und die Datenschutzerklärung. Dort heißt es:

„kaioo gibt Ihre Daten nicht an Dritte weiter, es sei denn, es besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Weitergabe (z.B. bei Anfragen von Strafverfolgungsbehörden und sonstigen staatlichen Einrichtungen mit entsprechenden Befugnissen).“ (Datenschutzerklärung, Kaioo.com)

„Mit der Gestaltung seiner Seite bei kaioo räumt das Mitglied kaioo die für die kaioo-Dienstleistung erforderlichen Rechte ein, insbesondere zur Vervielfältigung, Änderung, Verbreitung und Veröffentlichung der eingestellten Inhalte. Die Nutzungsrechte können im Rahmen der kaioo-Dienstleistung auch auf Dritte übertragen werden; die Nutzungsrechte werden räumlich und zeitlich unbeschränkt, aber nicht exklusiv eingeräumt, so dass das Mitglied seine Inhalte auch selbst weiternutzen kann.“ (AGBs, Kaioo.com)

Die persönliche Daten werden also laut Datenschutzerklärung nicht an Dritte weitergereicht (es sei denn aufgrund „gesetzlicher Verpflichtungen“), wohl aber können „im Rahmen der kaioo-Dienstleistung“ Nutzungsrechte (an durch den User eingestellten Inhalten) auch auf Dritte übertragen werden. Zu differenzieren ist bei der Betrachtung also zwischen persönlichen Daten (Name, Wohnort, usw.) und so genannten „eingestellten Inhalten“, wie z.B. ein Diskussionsbeitrag in einem Forum.

Da nun Kaioo nach eigenen Angaben nicht zu Bertelsmann gehört, wäre Bertelsmann ein Dritter, an den zumindest die persönlichen Daten nicht übertragen werden dürften. In diesem Kontext ist auch folgender Passus zu sehen:

„kaioo kann das Verhalten seiner Nutzer analysieren, um das inhaltliche Angebot besser auf die Bedürfnisse der Nutzer abstimmen zu können. Die Daten werden jedoch nicht personenbezogen verarbeitet, sondern die Identität des Nutzers bleibt anonym.“ (Datenschutzerklärung, Kaioo.com)

Ja, Kaioo kann die Daten für sich analysieren, es kann die Daten aber nicht einfach an das „Centrum für angewandte Politikforschung“ oder die „arvato AG“ weiterreichen, denn das sind hier Dritte. Interessant wird es dann, wenn es um das Ergebnis der Analyse geht. Denn ein Ergebnis das auf einer Datenauswertung aufbaut, ist womöglich anders zu werten, als die Daten selbst. Kaioo könnte hier ggf. vielleicht spitzfindig argumentieren, es habe wie versprochen keine Daten weitergegeben, sondern nur die Auswertungsergebnisse der Datenanalyse. Oder aber z.B.: Es habe keine persönlichen Daten weitergeben, sondern nur nicht personenbezogene, die sich aus einer Analyse des Verhaltens der User (auf der Plattform) ergeben haben.

Natürlich gibt es tausend hypothetische (Schleich)wege, wie Kaioo Daten indirekt oder direkt (durch Verstoß gegen die eigenen Richtlinien) an Bertelsmann oder sonst wen durchsickern lassen könnte. Die Frage ist nur, ob allein die Tatsache, dass die Gründer eine Verknüpfung zum Bertelsmann-Konzern haben ausreicht, um zu unterstellen, es würde so einen Transfer sicherlich früher oder später geben (trotz Zusicherung die Daten würden nicht weitergeleitet, trotz klarer Aussage Kaioo habe nichts mit Bertelsmann zu tun). Und ich meine, das ist einfach zu dünn.

Fazit

Kaioo ist sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss, es ist aber vom Ansatz her ein klarer Fortschritt gegenüber vergleichbaren, rein kommerziellen Angeboten wie Facebook oder StudiVZ. Entscheident bei der Bewertung des Angebotes ist letztendlich, wie ernst es den Betreibern mit diesem Ansatz ist. Dies wird sich erst noch herausstellen.

Tatsache ist zunächst einmal, dass Kaioo als gemeinnützig anerkannt wurde. Das daraus abgeleitete Argument, dass man ohne Gewinnmaximierungsdruck auch nicht verleitet wird, Daten weiterzuverticken, kann sicherlich bis zum Beweis des Gegenteils erst einmal stehen bleiben. Die personelle Verknüpfung der beiden Gründer mit Bertelsmann muss natürlich kritisch gesehen werden, allerdings greift eine Kritik die allein darauf rekuriert zu kurz. Denn aus einer Verknüpfung zwischen Bertelsmann und den Gründern, ergibt sich eben keineswegs auch zwangsläufig eine Verbindung zwischen Bertelsmann und Kaioo.

Es empfiehlt sich aber dennoch sich auch bei Kaioo nicht übermäßig generös zu zeigen, wenn es um die Preisgabe der eigenen Daten geht. Dies ist eine ganz grundsätzliche Regel bei der Nutzung von Diensleistungen jeglicher Art im Internet. Man sollte auch bei „Social Networks“ keine Angaben zu Dingen machen, die man selber für das Networking nicht zwangsläufig braucht.

Ferner brauchen natürlich Studierende die bisher auch ohne „social networking“ Portale wie StudiVZ oder Facebook ausgekommen sind, auch nicht zwangsläufig Kaioo. Es geht eher um KommilitonInnen die bisher StudiVZ regelmässig genutzt haben und auf einen solchen Online-Dienst nicht verzichten möchten. Für die wäre Kaioo durchaus eine Alternative.

Kaioo leidet zur Zeit unter technischen Defiziten, nicht zuletzt weil es sich erst im Aufbau befindet. Die Einschränkungen sind allerdings nicht so groß, dass das Portal generell unbenutzbar wäre. Man wird sehen, inwiefern sie diese Defizite in naher Zukunft tatsächlich abbauen können.

Es bleibt ferner abzuwarten, wie sich die Idee, die durch Werbung eingenommenen Spenden demokratisch durch eine Abstimmung der Nutzer an verschiedene wohltätige Projekte zu verteilen, konkret ausgestalten wird.

Es sei abschließend noch darauf hingewiesen, dass Kaioo natürlich nicht das einzige soziale Netzwerk mit einem alternativen Ansatz ist. Zu nennen wäre hier z.B. auch noch „Care2“, das sich besonders an links-alternative, ökologische, neue (Bürgerrechts- / Graswurzel-) Bewegungen (MoveOn.org, Green Living, usw.) in den USA richtet. Allerdings ist das Portal technisch rückständig, hat ein wirklich grausames Look-and-Feel und wirkt für seine Ansprüche doch recht stark durchkommerzialisiert (Puppy dog Bannerwerbung bis einem die Augen platzen).

Das ultimative „Indymedia 2.0“ im Bereich Social Networking fehlt jedenfalls nach wie vor.

OSI Gruppen im StudiVZ

Januar 10, 2008

Nachdem StudiVZ fortlaufend negativ auffällt (siehe zuletzt „Warum StudiVZ auch diesmal unbeschadet davonkommen wird“), war es dann doch mal an der Zeit sich etwas genauer anzusehen, was eigentlich in Sachen OSI in Deutschlands führendem studentischen „Sündenpfuhl“ abläuft.

Mal abgesehen davon, dass wie nicht anders zu erwarten ganz allgemein viele der in den StudiVZ-Gruppen geführten Diskussionen ziemlich platt waren, war doch sehr auffällig, das selbst in Gruppen wie der „OSI Connection“ mit immerhin 559 Mitgliedern nicht etwa aktuelle Instituts-Themen oder auch allgemein hochschulpolitische Themen diskutiert werden, sondern eher Fragen wie „Welcher Prof ist für meine Abschlussarbeit im Nebenfach geeignet?“ oder (allen ernstes) „Warum kann die FU nicht ebenso schön sauber und grafitti-frei sein wie die Universität Birmingham?“. Es gibt immerhin auch ein Diskussions-Thema zum aktuell wieder brisant gewordenen Komplex „StudiVZ und Datenschutz“, interessiert scheinen hier allerdings nicht unbedingt viele.

Ich habe versucht diese politische Langeweile wenigstens mit Themen zur Personalpolitik am Institut etwas aufzumischen, das Feedback war freilich bisher nicht überwältigend. Als Test habe ich dann eine eigene Gruppe gegründet, die sich für ein „risse-freies OSI“ einsetzt und damit an meinen alten Traum angeknüpft, dass das ATASP aus dem OSI herausgelöst und der HSoG angegliedert wird (siehe „ATASP-Clique will Teilnehmer-Beschränkungen durchsetzen“).

Bisher haben sich allerdings noch keine weiteren MitstreiterInnen gefunden. An der fragwürdigen Ernsthaftigkeit meiner Gruppe kann es eigentlich nicht liegen, denn Kasperletheater ist der Normalfall im StudiVZ und schreckt eigentlich niemanden. Es hat wohl eher etwas damit zu tun, dass Risse in der OSI-Studierendenschaft im Gegensatz zu Dozierenden wie etwa Hesse oder Bolle immer noch einen verhältnismäßig großen Rückhalt genießt. Andererseits habe ich die Gruppe nicht beworben und innerhalb von ein paar Tagen stößt auch keiner allein drauf; vielleicht lag es daran.

Wenn man bei der Suche „OSI“ als Schlagwort angibt, bekommt man freilich noch einige andere Gruppen geliefert, wie z.B. den „Kaffee-Junkies am OSI“ bei denen darüber diskutiert wird, wo man seinen Kaffee herkriegt, natürlich aber nicht z.B. über die neuen Zielvereinbarungen zwischen OSI und Präsidium. Oder wie wäre es alternativ mit „Kacken am OSI“? Und ja, auch diese Gruppe bietet, was ihr Name verspricht.

Man findet viel was mit Partys, Freizeitgestaltung oder der allgemeinen Organisation des Studiums zu tun hat: „Wie ist Klausur X bei Dozent Y?“, „Was muss ich tun, um an der Uni A das Fach B studieren zu können?“. Die Option StudiVZ alternativ auch zur gemeinsamen Reflexion über gesellschaftspolitische Themen oder zur Mobilisierung gegen Missstände zu nutzen besteht natürlich hypothetisch, wird aber de facto kaum genutzt. Selbst Themen mit hohem Mobilisierungspotential, wie etwa der Kampf gegen Studiengebühren, spielen hier nur eine Nebenrolle gemessen an den reinen „Fun-und-Party-Topics“ und den unpolitischen „Sachthemen“.

Auffällig ist beim Durchgehen der Profile schon, wie hoch der Anteil an relativ jungen Studierenden ist, die mit 20 oder 21 gerade erst am Anfang ihres Studiums stehen (oder noch im Abi stecken). So hatte die OSI-Erstis-Gruppe vom WS 06/07 immerhin schon 43 Mitglieder, die aktuelle vom WS 07/08 hat aber bereits 121 Mitglieder.

Diese „neue Generation“, die mit sozialen Netzwerk-Portalen wie StudiVZ „aufgewachsen“ ist, wird diesen sicherlich auch nicht mit Mitte 20 auf einmal den Rücken kehren. Irgendwelche Anzeichen eines einsetzenden Reflexionsprozesses darüber was StudiVZ eigentlich ist oder repräsentiert, sucht man in den Diskussionen meist vergeblich.

Immerhin, die Anzahl von Studierenden, die aus Protest gegen die neuen AGBs von StudiVZ ihre Profile anonymisieren oder verfremden schien verhältnismäßig hoch – nur aus dem fortlaufenden Debakel die einzig vernünftige Konsequenz zu ziehen und das Portal hinter sich zu lassen, ist für die große Mehrheit der StudiVZ-NutzerInnen offenbar nach wie vor undenkbar.

Letztlich ist StudiVZ der ultimative empirische Beweis für die systematische Mario-Barth-isierung der deutschen Studierendenschaft. Wer sich die Zeit nimmt, mal ein wenig die Profile und die Diskussionen in den Gruppen zu durchstreifen, wird – sofern er dies nicht ohnehin schon längst getan hat – den Traum von einer breiten, emanzipatorischen Studierendenschaft, die sich gegen den Bologna Prozess, die Ökonomisierung der Hochschullandschaft, etc. irgendwann erhebt, endgültig begraben müssen.

Warum StudiVZ auch diesmal unbeschadet davonkommen wird

Dezember 20, 2007

Es ist so ziemlich genau ein Jahr her, da brannte Deutschlands beliebteste Studierenden-Plattform StudiVZ das erste Mal lichterloh. Zuerst waren es Nazisymbolik und Fotos von der Party-Toilette („chick auf mitte party // WC“) beim Plattform-Gründer selbst (siehe „StudiVZ in der Kritik“), dann die Cyberstalker-Affäre und fast täglich neue Sicherheitslücken in der Software („StudiVZ gruschelt sich immer tiefer in den Sumpf“). Auf dem Höhepunkt der Krise musste StudiVZ wegen der Sicherheitslücken sogar für einige Zeit aus dem Netz genommen werden. StudiVZ schien am Ende.

Doch dann passierte etwas für viele Beobachter Unerwartetes. Die Skandalserie führte nicht etwa dazu, dass die schon lange Zeit im Umlauf befindlichen Übernahmegerüchte ein negatives Ende fanden. Im Gegenteil, am Ende blätterte der Holtzbrinck-Konzern zwischen 50 und 100 Millionen Euro für das Portal auf den Tisch (die exakte Summe ist bis heute nicht bekannt) und konnte damit den Axel-Springer-Verlag ausstechen, der kurz vor Vertragsabschluss sogar 120 Millionen Euro geboten haben sollen (siehe: „Das teuerste Plagiat der Welt?“).

Ja, diese Kapitalisten, völlig bekloppt. Oder vielleicht doch nicht? Vielleicht hatte Holtzbrinck einfach nur erkannt, dass StudiVZ alles andere als am Ende war, dass da immer noch viel Geld drinsteckt. Ob es wirklich so viel Geld ist, dass die in den Kauf investierten 100 Millionen sich jemals rentieren werden, wird sich noch zeigen (ich behaupte immer noch: Nein). Auf jeden Fall ist StudiVZ aber in der Studierendenschaft beliebt wie eh und je, als hätte es die Skandalserie Ende 2006 nie gegeben.

Um sich dessen zu vergegenwärtigen braucht man nur mal in irgend einen Uni-PC-Pool gehen (sofern noch vorhanden) und sich ansehen, was die Leute jenseits der akademischen Recherche da so treiben. Oder aber, man unterhält sich einfach mal mit ein paar KommilitonInnen wo im Web sie zur Zeit aktiv sind. Neben Emails abrufen und im Messenger chatten scheint die halbe Studierendenwelt in StudiVZ rumzuhängen.

Was bei der Betrachtung der „Causa StudiVZ“ häufig übersehen wird ist, dass der größere Skandal nicht darin besteht, dass die Verantwortlichen bei StudiVZ die Probleme nicht unter Kontrolle kriegen (können oder wollen) bzw. weiterhin eine fragwürdige Geschäftspolitik betreiben. Nein, der größere Skandal besteht eher darin, wie wenig das die große Masse der StudiVZ-NutzerInnen eigentlich interessiert.

StudiVZ ist in erster Linie ein aalglattes Hedonistenforum, für Studierenden mit emanzipatorischem Anspruch ein Graus, für die große Mehrheit der auf Trivialkommunikation, Networking (hier wohl eher „Dating“) und Party-machen fixierten Studierenden jedoch der perfekte Tummelplatz.

Und vor diesem Hintergrund erscheint es doch höchst unwahrscheinlich, dass der neuste Skandal um StudiVZ die Beliebtheit des Portals wirklich nachhaltig schmälern kann.

Doch der Reihe nach. Hintergrund war diesmal die Ankündigung von StudiVZ zukünftig personalisierte Werbung einzusetzen. Dabei wertet der Betreiber (in diesem Fall StudiVZ) Informationen die er über die NutzerInnen hat systematisch aus, um dann dem/der jeweiligen NutzerIn individualisierte Werbung einblenden bzw. zustellen zu können.

Das Ganze setzt also voraus, dass die privaten Daten des Nutzers / der Nutzerin in welcher Form auch immer weiterverarbeitet werden. Das allein machte nun noch nicht den Skandal aus, es ging auch darum wie StudiVZ das durchsetzen wollte: Wer den neuen Geschäftsbindungen inklusive dem Einverständnis zur „Selbstentblößung“ nicht zustimmen wollte, sollte ausgeschlossen werden. Die taz fasste das (vermutlich nicht als erste) auch unter Anspielung auf die vergangenen Skandale unter dem Titel „Vom StalkerVZ zum StasiVZ“ zusammen.

Es formierte sich Widerstand, der Skandal schwappte in die Mainstreammedien und StudiVZ trat den geordneten Rückzug an. Zumindest teilweise. Zwar bleibt es bei der personalisierten Werbung, anders als urspürnglich vorgesehen gibt es die jetzt jedoch nicht als SMS aufs Handy (was wirklich eine Art „Tabubruch“ gewesen wäre, Spam auf dem Handy ist noch sehr viel ärgerlicher als Email-Spam). Jedoch gilt grundsätzlich immer noch: „Die Nutzer müssen zustimmen, dass StudiVZ ihre persönlichen Daten auswertet, um ‚gezielt personalisierte Werbung‘ zu ‚präsentieren bzw. präsentieren zu lassen‘ [sic!]“ („Keine SMS- und Chat-Werbung“, Spiegel Online, 15.12.07).

Die nach neuen AGBs ursprünglich mögliche Weitergabe der persönlichen Daten an Dritte (ein weiterer zentraler Kritikpunkt) soll nun unterbleiben, an Behörden werden sie aber übermittelt – wenn auch nur unter „normalen“ Bedingungen. Die weichen Formulierungen ließen ursprünglich die Möglichkeit offen, dass Daten auch ohne gerichtlichen Beschluss an Staatsanwälte und Copyright-Inhaber weitergeleitet werden könnten; die erneut reformulierten AGBs schließen das jetzt angeblich aus („Daten gibt StudiVZ nur an Behörden weiter“, Spiegel Online, 15.12.07).

Zu einem späteren Zeitpunkt soll es die Möglichkeit geben, die personalisierte Werbung zu deaktivieren, dennoch muss man erst einmal pauschal den neuen ABGs samt fragwürdigen Passagen zustimmen: „Die Nutzer müssen erstmal StudiVZ alles erlauben, um dann später, wenn die neuen Regeln gelten, die Erlaubnis für Schnüffel-Werbung zurücknehmen zu dürfen“ („Zwangszustimmung bleibt“, Spiegel Online, 15.12.07).

Durch dieses zumindest teilweise Zurückrudern was die Einführung der neuen ABGs angeht war die Sache aber für StudiVZ noch nicht ausgestanden. „Obwohl der Betreiber seine AGB-Änderung zur Werbe-Personalisierung entschärft hat, gehen Studenten auf die Barrikaden. Sie säubern ihre Profile, löschen Fotos und schreiben kriegerische Parolen auf ihre Pinnwände.“ („Studenten demonstrieren gegen das SchnüffelVZ“, Spiegel Online, 18.12.07).

Was Spiegel Online zu erwähnen „vergisst“ ist der Ursprung der „Stasi 2.0“-Kampagne samt der im Artikel erwähnten Schäuble-Schablonen, die man jetzt auch bei StudiVZ auf den Profilen der Protestierenden findet. Diese junge Protestbewegung hat ihre Wurzeln im Widerstand gegen Schäubles Innenpolitik, im Netz aber insbesondere im Kampf gegen die Vorratsdatenspeicherung und inzwischen auch im Protest gegen die geplanten Online-Durchsuchungen. StudiVZ hat damit im engeren Sinn eigentlich nicht viel zu tun, allerdings zeigt das Beispiel, dass „Stasi 2.0“ inzwischen offenbar auch auf nicht-staatliche Bespitzelung und Bedrohungen des Datenschutzes bezogen wird.

Es bleibt die zentrale Fage: Wird dieser Protest auf StudiVZ wirklich dazu führen, dass es zum Massenboykott kommt, der StudiVZ untergehen lässt (bzw. die Verantwortlichen zur endgültigen Aufgabe der neuen AGBs zwingt) oder ist das nur ein Sturm im Wasserglas, eine kleine Minderheit der eine weitgehend gleichgültige Mehrheit gegenübersteht, welche die neuen ABGs vielleicht auch nicht mag, deshalb aber noch lange nicht das Portal boykottieren wird?

Keine Frage, StudiVZ hat ein massives Imageproblem. Doch dieses Problem hatte es schon immer ohne dass man gesehen hätte, dass es zu nennenswerten Abwanderungen von NutzerInnen zu vergleichbaren Konkurrenzangeboten gegeben hätte. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass die Masse der Studierenden langfristig gesehen unbeeindruckt von den Fehltritten des StudiVZ-Managements bleibt.

Out of Dahlem Nr. 6

Februar 15, 2007

Die sechste Ausgabe des vom AStA herausgebene Out of Dahlem (OoD) behandelt unter anderem das Scheitern der FU bei der Exzellenzinitiative. Autorin Amelie Kostar betont die soziale Selektion die das neue „Zwei-Klassen-System“ weiter verstärken wird und weist auf die Ausrichtung der Initiative auf die Forschung unter Vernachlässigung der Lehre hin. Die Umstrukturierungen würden dazu führen, dass „die ohnehin bereits vorhandene starke Ausrichtung auf ökonomische Vewertbarkeit von Wissenschaft noch einmal zunehmen“ wird. Wenn die FU nun bei der Exzellenzinitiative gescheitert ist, sollte das nur Studierende enttäuschen, „die einen passenden sozialen Hintergrund und viel Geld sowie einen unkritischen Wissenschaftsanspruch aufweisen können, die jetzige und zukünftige Elite“. Insgesamt ein informativer Artikel, der jenen die die Debatte verfolgen allerdings nur wenig Neues bringt.

Angenehm liest sich die Glosse von Tibi Kumrovic „über den Fall Lenzen“, der damit auch eine kleine Chronik über Lenzens Wirken an der FU liefert und verdeutlicht, wo dieser politisch einzuordnen ist. Auch der Artikel von Pingu Brodowski und Björn Grau über „unsere kleine Fabrik“ (gemeint ist natürlich die FU) könnte man schon als Glosse bezeichnen. Die beiden Autoren rechnen mit der „unternehmerischsten Hochschule Deutschlands“ (für diesen Titel feierte sich die FU) ab und verdeutlichen dabei, dass die FU heutzutage nicht nur innen wie eine Fabrik funktioniert, sondern auch zunehmend von außen so aussieht. Abgedruckt wurde ebenfalls ein taz-Artikel des Kommilitonen Martin Kaul über die „Bibliotheks-Fusionswelle“ an der FU (FUwatch berichtete).

Mehrfach Erwähnung fand bei FUwatch auch schon der Artikel von David Gutzmann, der sich mit den ausufernden Kontrollmechanismen an der FU beschäftigt und das fragwürdige Verhältnis der Leitung zum Datenschutz dokumentiert.

Was es bedeutet, wenn es richtige Probleme mit dem Datenschutz gibt, zeigt Tanja Stein in ihrem Artikel über StudiVZ (bei FUwatch siehe hier). Der Artikel fällt angenehm auf, da sich der AStA in der Vergangenheit etwas schwer mit dem Thema getan hatte. Erst knapp eine Woche nachdem der RefRat der HU vor StudiVZ gewarnt hatte, reagierte der AStA FU mit einer ähnlichen Erklärung, die aber die inhaltliche Tiefe der RefRat-Erklärung vermissen ließ. Auf dem AStA-Blog feierte man sich dann selbst, weil die Presseerklärung des AStAs natürlich auch auf Reaktionen in der Presse stieß. Es schien jedoch nicht so, dass sich der AStA näher mit dem Thema beschäftigte, viel mehr erschien er in diesem Thema wie ein „Trittbrettfahrer“. Diese Defizite konnte Tanja Stein nun mit einem detaillierten Artikel beseitigen, der die zentralen Akteure in der Blogosphäre nennt, die für das Aufdecken der Skandalserie verantwortlichen waren (Don Alphonso und Jörg-Olaf Schäfers) und der den Ablauf der Geschehnisse inklusive der Rolle Ehssan Darianis ausführlich darstellt.

Eher negativ fallen die Artikel von Annika Segelken und „Lieschen Müller“ auf. Lieschens Artikel ist ein Kampfaufruf und als solcher natürlich nicht frei von Pathos. Unter dem Titel „Wer nicht kämpft verliert!“ wird die Notwendigkeit zum Widerstand gegen die Einführung der Studiengebühren betont. Was dabei nervt ist die Verklärung der Protestbewegung sowohl in der Gegenwart (NRW, Hessen, etc.) als auch in der Vergangenheit (Berlin 2003 / 2004). Ich bin nach wie vor skeptisch, ob allein die Notwendigkeit einen breiten Protest organisieren zu müssen legitimiert, das bisher Erreichte und Versuchte schönzureden (wer kann denn jetzt noch ernsthaft bestreiten, dass die Studiengebührenboykott-Aktionen in den westdeutschen Bundesländern kurz vor dem Verrecken stehen?).

Annika Segelken beschäftigt sich in ihrem Artikel mit der in der Tat fragwürdigen Werbepraxis in der Silber- und Rostlaube, während zeitgleich studentische Flyer und Plakate gnadenlos abgehängt werden. Das Problem des Artikels ist, dass er faktisch allein auf Vermutungen und einer Ansammlung von rein subjektiven Eindrücken aufbaut. Jetzt mal im Ernst, was sollen denn Sätze wie „Trotzdem, ich kann ja nix beweisen, aber mir scheint, dass Sachen, die irgendwie politisch sind, sehr schnell wieder verschwinden“? Oder diese Passage mit der Bekannten einer Bekannten einer Bekannten die in der Mensa mal auf eine Kakerlake gebissen haben will? Auch wenn das thematisierte Problem des Artikels nicht von der Hand zu weisen ist, Formulierungen und Aufbau killen ihn einfach.

Deutlich besser und interessanter sind da die beiden Artikel von Hannes Strobel. Im ersten beschreibt er ausführlich die „Neue Marx-Lektüre-Bewegung“ an der FU und stellt dabei auch ein paar neuere Bücher zum Thema vor, auf die man sicherlich mal einen Blick werfen sollte (so man es noch nicht getan hat). In einer ausführlicheren Renzension beschäftigt sich Hannes dann im zweiten Artikel mit dem neuen Buch von Elmar Altvater, „Das Ende des Kapitalismus, wie wir ihn kennen. Eine radikale Kapitalismuskritik“. Die Rezension ist stringent aufgebaut, Altvaters zentrale Thesen werden erläutert und obwohl Hannes das Buch empfiehlt verfällt er nicht in Lobhudelei, sondern benennt auch deutlich die zentrale Schwäche in Altvaters Ansatz.

Man persönlicher Favorit in dieser Ausgabe ist allerdings der Artikel von Daniél Kretschmar über Jürgen Zöllner, der ursprünglich in der „HUch!“ erschienen ist. Dies mag natürlich darauf zurückzuführen sein, dass ich mich vorher nie näher mit Zöllners Vita und seinen politischen Ansätzen beschäftigt habe, vermutlich geht das aber nicht nur mir so. Daniél führt aus, warum Zöllners Studienkontenmodell heute „humaner“ erscheint als früher und was der Einführung von Studienkonten in Berlin noch im Wege steht, was sie begünstigen könnte. Auch Zöllners Reputation in der „Fachwelt“ findet Erwähnung und wie gut oder schlecht seine Chancen stehen sich in Berlin „bewähren“ zu können. Insgesamt ein sehr solides Profiling.

Unterm Strich ist die Ausgabe 6 des OoD einen Blick wert (auch wenn sich nun schon langsam die nächste ankündigt). Auch die OZ-Redakteure können sich sicherlich hinsichtlich des Layouts und der Breite und Tiefe der Artikel noch etwas von Out of Dahlem abgucken.

Das teuerste Plagiat der Welt?

Januar 3, 2007

Nachdem das virtuelle StudentInnen-Netzwerk „StudiVZ“ wegen einer Skandalserie im November / Dezember von nicht wenigen Bloggern schon am Ende geglaubt war, scheinen nun jene Recht zu behalten, die prophezeiten, dass StudiVZ trotz dieses Rückschlags nicht aus dem Netz verschwinden würde.

Nach Angaben von Spiegel Online hat die Verlagsgruppe Holtzbrinck (Tagesspiegel, Die Zeit, Handelsblatt) gut an die 100 Millionen Euro für StudiVZ auf den Tisch gelegt und will sogar die umstrittene Führungsriege vorerst im Management beibehalten. Auch das amerikanische Pendant „Facebook“ (von dem die StudiVZ-Macher angeblich fleißig abkupferten) soll an einer Übernahme von „StudiVZ“ interessiert gewesen sein, die Gespräche scheiterten jedoch offenbar.

Ein StudiVZ-Sprecher dementierte gegenüber Spiegel Online jedoch die Höhes des Kaufpreises, dieser habe „deutlich unter 100 Millionen Euro“ gelegen. Vermutlich dürfte es noch etwas dauern, bis der genaue Preis durchsickert.

In jedem Fall zeigt der Fall „StudiVZ“ jedoch den doch eher schwachen Einfluss der deutschen Blogosphäre: Trotz aller berechtigten Kritik und des systematischen Auseinandernehmens von StudiVZ und seinen Gründern in diversen Blogs, war es eben offensichtlich nicht möglich, das Unternehmen tot zu schreiben.

Update: Wie FOCUS Online berichtet, soll die Axel-Springer-AG „in letzter Minute“ sogar 120 Millionen Euro für StudiVZ geboten haben, sei aber nicht zum Zug gekommen.

StudiVZ und fsz werden doch nicht kooperieren

Dezember 9, 2006

Wie unlängst berichtet, plante der „freie zusammenschluss von studentInnenschaften“ (fsz) nach Angaben der taz eine Kooperation mit dem umstrittenen Studierendenportal „StudiVZ“. Jörg-Olaf Schäfers hat daraufhin beim fsz mal nachgefragt, ob man zu dieser Kooperationsvereinbarung immer noch steht. Hier ein Auszug aus der Antwort die er erhielt:

„(…) In einem Gespräch Ende dieser Woche wird den Betreibern von StudiVZ dargelegt werden, wie der fzs die Vorwürfe gegen StudiVZ bewertet und das wir von einer Zusammenarbeit unter den gegebenen Umständen absehen werden.

Wir möchten weiterhin darauf hinweisen, dass der Gesprächstermin mit den Betreibern schon vor der Veröffentlichung des heutigen Artikels in der taz vereinbart wurde.(…)“

Klar, dass man beim fsz nicht den Eindruck entstehen lassen möchte, erst der taz-Artikel des Kommilitonen Martin Kaul hätte dazu geführt, dass man sich von StudiVZ distanziert. Dennoch hätten sie sich diese Negativ-Schlagzeilen ganz ersparen können, wenn sie früher reagiert und öffentlich von ihrer Absicht sich von der geplanten Kooperation mit StudiVZ loszusagen berichtet hätten.

Damit schwimmen StudiVZ einmal mehr die Felle davon. Der Plan sich mit dem fsz auch ein wenig mehr Seriösität ins Haus zu holen und gleichzeitig Asten und Studierendenräte als Werbeträger für das StudiVZ einspannen zu können, ist dahin.

fsz will mit StudiVZ kooperieren

Dezember 6, 2006

Wie der Kommilitone Martin Kaul in der heutigen Ausgabe der taz berichtet, bahnt sich zwischen dem in letzter Zeit wegen mangelndem Datenschutz und Duldung von Sexismus stark kritisierten Studierendenportal „StudiVZ“ und dem „freien zusammenschluss der studentInnenschaften (fzs“) offenbar eine Kooperation an:

„(…) Eine merkwürdige Liaison: Der fzs publiziert vor allem spaßfreie Postulate gegen Studiengebühren. Diese elektrisierten bisher nur eine Minderheit der 1 Million Studis, die der fzs nach eigenen Angaben vertreten will. StudiVZ ist dagegen als zweifelhafte Bagger- und Party-Community aufgefallen. Eine mit enormem Zulauf allerdings. (…)

Nach Hochschulen sortiert, gruppiert das Programm die einzelnen Studis zueinander – und wer wissen will, wer denn noch so da ist, findet per Klick zur Studentin, die sich am anderen Ende der Republik mit gleichen Fragen beschäftigt hat. Gleiche Fragen, das heißt im StudiVZ in der Regel: ‚Bist du Single?‘, ‚Auf der Suche?‘ oder ‚Nimmst du an der Miss-Wahl teil?‘ Wissenschaft? Hochschulpolitik? Fehlanzeige. (…)

Dass in diesem Gewusel ein paar solide Infos über Studiengebühren, Abbrecherquoten und Asta-Adressen ein seriöser Service wären, leuchtet ein. Die Jungunternehmer allerdings rechnen anders: Sie wollen dem fzs zwar gestatten, Content einzupflegen – erwarten dafür jedoch eine ‚Gegenleistung‘. Asten und Studierendenräte sollen in der ganzen Republik Flyer fürs StudiVZ verteilen. Kostenlos. So würden die Grabbel-Netzwerker doppelt profitieren. Zum einen würden die Studierendenvertreter mit ihrem seriösen Ruf das Flirtportal aufwerten, gleichzeitig halten sie im ganzen Lande als Werbeträger her. (…)“

(taz: „Studirevoluzzer wollen ins Prollnetz“, 06.12.06)

Zwar berichtet Martin auch von Gegenstimmen innerhalb des fsz, die von einer solchen Kooperation wenig halten, durchzusetzen scheint sich aber wohl die Fraktion, die immer noch optimistisch ist, mit StudiVZ zusammenarbeiten zu können.

Der fsz war in der linken Studentenschaft schon immer umstritten (so gilt z.B. das Verhältnis zum AStA FU traditionell als angespannt), aber mit einer solchen Kooperation würde der fsz sicherlich einen weitergehenden Imageverlust erleiden, der dann endgültig seine „Kernkompetenz“, den Kampf gegen Studiengebühren, zu überlagern droht.

Sicherlich, im besten Fall könnte eine Kooperation zwischen StudiVZ und fsz auch dazu führen, dass es StudiVZ gelingt seriöser herüberzukommen und auch AnhängerInnen im linken, politisch aktiven Studi-Milieu zu finden. Zu befürchten steht aber, dass diese Seriösität nur oberflächlich wäre und StudiVz auch weiterhin das „Prollnetz“ (taz) bleibt, das es momentan ist. Kritische Studierende würden das schnell durchschauen, das Negativimage von StudiVZ auf den fsz überspringen.

Vielleicht findet dieses Problem aber ja auch eine „natürliche Lösung“, weil StudiVZ endgültig untergeht bevor es tatsächlich zu einer Kooperation mit dem fsz kommt.

StudiVZ gruschelt sich immer tiefer in den Sumpf

November 28, 2006

StudiVZ kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen heraus. Nachdem der Betreiber des Online-Studentennetzes, Ehssan Dariani, erst vor kurzem wegen seiner „Nazi-Satire“ und Spanner-Handy-Foto-Shots in die Kritik geraten war, walzt sich nun ein weiterer Skandal um StudiVZ von der Blogosphäre ausgehend bis in die Mainstreammedien.

700 Cyberstalker und eine „Miss-Wahl“

Losgetreten hat die Lawine DonAlphonso, der in einem Blog-Eintrag detailliert und mit Screenshots belegt darstellt, wie sich innerhalb von StudiVZ eine rein männliche Gruppe von rund 700 Cyberstalkern gebildet hat, die mit weiblichen Mitgliedern der Community eine Misswahl veranstalteten – wovon diese allerdings nichts wussten. Die Mitglieder der besagten Gruppe bedienten sich der Fotos der von ihnen ausgewählten Kandidatinnen und veröffentliche darüber hinaus teilweise noch weitere persönliche Daten wie den vollen Namen, den Studienort und die Wohnadresse.

Nachdem man erst einmal eine „Miss“ gewählt hatte, wurde diese auf ihrem Profil von ihren männlichen Verehrern gemeinschaftlich „gegruschelt“. Christian Stöcker beschreibt in Spiegel Online – wo man sich der Story inzwischen auch angenommen hat – was man sich unter „gruscheln“ vorzustellen hat:

„‚Gruscheln‘ heißt es im Studentennetzwerk StudiVZ, wenn man jemandem einfach virtuell Hallo sagt. Das Wort haben sich die Gründer der mittlerweile erfolgreichsten deutschen Studenten-Community selbst ausgedacht – es entspricht in etwa dem ‚Poking‘ im großen US-Vorbild Facebook: ein virtueller Gruß mit Flirt-Unterton, von einem Mitglied zum anderen. Gruscheln klingt ein bisschen nach Kuscheln. Und ein bisschen nach Grapschen. Genau dieser Beiklang ist für einige weibliche Mitglieder von StudiVZ jetzt in den Vordergrund gerückt.“ (Spiegel Online, 27.11.06)

In der Pubertät stecken geblieben

‚Was meint ihr, wie die verdeppert guckt, wenn sie innerhalb von zehn Minuten von 15 Typen gegruschelt wird‘, wird ein Gruppenmitglied zitiert. Wenn man so etwas liest, fragt man sich, wie alt die Mitglieder von StudiVZ wohl sein mögen. Bei einer Gruppe von männlichen Teenagern, die mit den Problemen der Pubertät zu kämpfen haben, mag dies alles noch nachvollziehbar sein, aber bei Studierenden die Anfang oder Mitte 20 sind? Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, aber das eigentlich Bedenkliche ist, dass diese virtuellen Eskapaden nur das Selbstverständnis der Studierenden widerspiegelt, das diese auch in der Realität haben. Obwohl man solche prolligen Verhaltensmuster eigentlich eher mit Heranwachsenden und „bildungsfernen Schichten“ assoziieren würde und weniger mit angehenden Akademikern. Aber vermutlich ist das zu stereotyp gedacht.

Liest man sich jedenfalls mal die Threads im Heise-Newsticker-Forum zum Thema durch, stellt man schnell fest, dass viele Zeitgenossen arge Problemen haben, nachzuvollziehen, wo hier das Problem sein soll.

Ein Mitgründer von StudiVZ bat um Mitgliedschaft in der Stalker-Gruppe

Das gilt auch für die Leitung von StudiVZ, die derartigen Auswüchsen keinen Riegel vorgeschoben hat, weil man nichts bedenkliches an dieser Gruppe von Cyberstalkern finden konnte. Viel mehr soll einer der Mitgründer von StudiVZ selbst Interesse an der Gruppe gehabt haben (Spiegel Online, 27.11.06).

Fast täglich neue Sicherheitslücken

Parallel dazu schwelt ein „Dauer-Skandal“ um die fragwürdige Datenschutzpolitik von StudiVZ. Sicherheitsmängel erlauben den Zugriff auf private Daten der Benutzer (siehe dazu z.B. get-privacy.info und fx3.org). Wie heise Security gestern berichtete war StudiVZ am 27.11. offenbar von 12 Uhr bis zum Abend komplett offline. Grund war eine Phishing-Attacke, mit der die Angreifer sich Zugriff auf die Daten der StudiVZ-Nutzer zu verschaffen versuchten. Laut StudiVZ waren 32 Nutzer direkt betroffen. Um weiteren Datenklau zu vermeiden, wurde die Seite dann einfach komplett offline geschaltet.

Auch der HU RefRat warnt

Inzwischen warnt selbst der RefRat der HU in einer offiziellen Presseerklärung vor StudiVZ. Der Aufforderung StudiVZ fernzubleiben kann man sich nur anschließen. Wer aber bereits einen Account dort hat und echte Daten angegeben hat, sollte entweder den Account dichtmachen oder wenigstens seine Daten löschen.

Read on

Wer noch mehr Input zum Thema möchte, sollte einen Blick auf die gut geführte Chronologie von „Beissreflex“ werfen. Eine ausführliche und lesenswerte Analyse hat der Kommilitone Falk am Start.

Update 29.11.

Inzwischen warnt auch der AStA FU vor StudiVZ.

StudiVZ in der Kritik

November 16, 2006

Spiegel Online widmete gestern einen längeren Artikel den Problemen des „Online-Studentennetzes“ StudiVZ. Als deutsches Kommunikationsforum für Studierende mit dem us-amerikanischen Pendant Facebook vergleichbar (ums mal diplomatisch zu formulieren), erfreut es sich zunehmend großer Beliebtheit unter den Studierenden. Ehssan Dariani, der Gründer von StudiVZ, wollte im Zuge der bereits losgetretenen Web-2.0-Übernahme-Welle (YouTube, MySpace, etc.) demnächst offenbar den großen Reibach machen (das suggeriert zumindest der SpOn-Artikel), hat allerdings mit einigen Problemen zu kämpfen. So schreibt Spiegel Online unter anderem über Dariana selbst:

„Nicht nur, dass der 26-jährige Startup-Gründer nächtens durch Berlin streift und bizarre Filme von Frauen veröffentlicht, zum Beispiel aus der U-Bahn oder von einer Party-Toilette (vielsagender Titel: ‚chick auf mitte party // WC‘). Schon vor Monaten sicherte sich Dariani die Adressen voelkischer-beobachter.de und voelkischerbeobachter.de. Die Seiten wurden mit einem überarbeiteten Titelblatt der Nazi-Zeitung verziert – eine Party-Einladung sollte das sein. Immerhin thronte der Reichsadler nicht auf einem Hakenkreuz, sondern auf dem Logo von StudiVZ. Die Publikation wurde ‚Kampfblatt der Vernetzungsbewegung Europas‘ genannt.“ (Spiegel Online, 15.11.06)

Obgleich später als Satire bezeichnet, kam diese Nazisymbolik wohl bei vielen weniger gut an. Der eigentliche Skandal liegt indes darin, dass ein solches Verhaltensmuster für viele Studierende so untypisch gar nicht ist. Ordentliche Saufpartys, pubertäre Späßchen mit dem Fotohandy, Sexismus, das Aufbegehren gegen eine gefühlte Tabuisierung („dass ich die deutsche Mentalität, die deutsche Art, wie sich die (political correct) Mehrheit mit sich und seiner Vergangenheit identifiziert, als GESCHEITERT betrachte“ zitiert in ebd.). All das sind Verhaltensmuster die inzwischen zur Normalität für ein Großteil der Studentenschaft in Deutschland gehören und teilweise an die klassischen us-amerikanischen Spring- und Summer-Break-Partys in Florida und Co. erinnern (exzessiver Alkoholkonsum, halbnackte Studentinnen, etc.).

Wirklich neu ist die Thematik natürlich nicht, osiwelt brachte den Zweck von Portalen wie Facebook z.B. schon im Juni prägnant auf den Punkt. Doch erst jetzt, wo andere häßliche Erscheinungsmerkmale bei StudiVZ hinzukommen (Geringachtung der Meinungsfreiheit, zweifelhaftes Vorgehen gegen Konkurrenten, fragwürdige Datenschutzpolitik, etc.) wirbelt das Portal auch in Mainstream Medien wie Spiegel Online Staub auf.

Wünschenswert wären wie von osiwelt schon damals angestoßen natürlich sinnvollere Formen der Vernetzung (jenseits vom Partylife). Nur dafür ist StudiVZ jetzt wohl deutlicher denn je einfach nicht der richtige Kandidat.